Ursprüngliche Brutplätze der Rauchschwalbe lagen – heute in Mitteleuropa kaum vorstellbar – wohl meist in ausgewaschenen Uferhöhlungen oder Felsnischen. Heute brütet sie fast ausschließlich in Gebäuden, wobei auch hier über die Jahrhunderte ein Wandel festzustellen ist: Der Einflug in Wohnräume und Küchen durch Rauchabzugslöcher oder offene Kamine wie in früheren Jahrhunderten, der die Rauchschwalbe auch ihren Namen verdankt, ist nicht mehr möglich. Dafür werden nun hauptsächlich geschlossene Vieh- oder Pferdeställe mit freiem Einflug durch gekippte Fenster genutzt. Entgegen eines Gerüchts zu einem "Schwalbenverbot" im Kuhstall, dürfen Rauchschwalben selbstverständlich in Viehställen nisten und haben dort auch eine wichtige Rolle in der Insektenvertilgung inne. Manchmal brüten sie auch in Garagen oder Schuppen, überdachten Hauseinfahrten oder kleineren Brücken.
Baukünstler
Rauchschwalbennester sind oben offene, napfförmige Bauten aus lehmiger, mit Speichel vermischter Erde, in die Pflanzenstängel, Stroh- oder Grashalme zur Verstärkung eingebaut werden. Wenn das Nistmaterial gut an der Wand hält, dann werden sie frei an die Wand geklebt. Meist setzt sie die Nester aber auf stützende Vorsprünge wie Balken oder Leisten auf. Wenn solche nicht vorhanden sind, nimmt sie gerne Nistbrettchen als Unterlage an.
Die feuchte lehmige Erde holen sich Schwalben aus Lacken oder von Gewässerrändern, transportieren sie im Schnabel zum Bauplatz. Dadurch entstehen kleine Klümpchen, die aneinandergesetzt sind und die außen am fertigen Nest noch erkennbar sind. Im Schnitt brauchen sie mehr als 1000 solcher Klümpchen für ein Nest!
Die Pflanzenstängel werden gleich mit eingebaut und oft gemeinsam mit dem Lehm eingetragen. Die Nestmulde wird geglättet und fein mit Federn, Tierhaaren oder feinem Pflanzenmaterial auspolstert. Bestehende Nester werden nach Möglichkeit wiederverwendet, aber jedes Jahr ausgebessert und ausgebaut und die Auspolsterung erneuert.
Leben in der Kinderstube
Ab Ende April, meist aber im Mai legt das Weibchen 3-6 (meistens 5) Eier, die es auch alleine bebrütet. Da es vom Männchen nicht gefüttert wird, lässt es die Eier immer wieder für einige Minuten alleine, um zu fressen. Manchmal setzt sich das Männchen in diesen Brutpausen aufs Nest, beteiligt sich aber nicht wirklich am Brutgeschäft. Nach ca. 13-16 Tagen schlüpfen die Jungvögel, die vom Weibchen auch noch einige Tage gewärmt werden, ehe sie alleine gelassen werden können.
Danach beginnt die arbeitsreiche Zeit für die Altvögel: Täglich müssen Tausende Insekten herangeschafft werden, um die hungrigen Schnäbel zu stopfen. Etwa drei Wochen dauert es, bis die Jungen das Nest verlassen können.
Ein Leben im Flug
Auch außerhalb des Nestes werden die Jungen weiterversorgt, einige Tage noch im Sitzen, später im Fliegen, wobei sie die Eltern bei der Insektenjagd begleiten und so innerhalb weniger Wochen die richtige Jagdtechnik erlernen.
Schwalben jagen überwiegend im Flug. Dementsprechend bilden Fluginsekten wie Fliegen und Mücken die Hauptmasse der Beutetiere, daneben Blattläuse, schwärmende Ameisen, Schlupfwespen, Zikaden, Käfer und viele andere Gruppen. Aber auch sitzende Insekten werden im Rüttelflug von Oberflächen abgesammelt.
Bei Schlechtwetter haben Schwalben oft Probleme, ausreichend Insekten zu finden, die Stallfliegen sind da eine willkommene Futterquelle, auf die Rauchschwalben zurückgreifen können. Pro Brut werden über 1 Kilogramm Insekten an den Nachwuchs verfüttert - damit leisten Rauchschwalben einen wichtigen Beitrag zu mehr Tierwohl im Stall: Sie reduzieren maßgeblich die Belastung der Stalltiere durch Stechmücken.
Unterwegs nach Afrika
Rauchschwalben können bei günstigen Bedingungen bis zu drei Bruten pro Jahr aufziehen, meist sind es aber zwei. Nicht selten sind daher noch bis in den September hinein noch Jungvögel in den Nestern, während viele Artgenossen das Brutgebiet bereits in Richtung Süden verlassen haben.
Typisch sind die nachbrutzeitlichen Schwalbenansammlungen – die Vögel schließen sich zu großen Trupps zusammen, die gemeinsam rasten und Schlafplätze aufsuchen. Der Abzug kann sich bis in den Oktober hinziehen, mit einzelnen Nachzüglern noch im November.
Die Überwinterungsgebiete liegen in Afrika südlich der Sahara – von Zentralafrika bis Ost- oder sogar Südafrika. Nordeuropäische Rauchschwalben können dabei sogar Entfernungen bis zu 12.000 km zurücklegen – und das mit beeindruckenden täglichen Zugleistungen von bis zu 300 km!