Industrialisierte Landwirtschaft ist eine der Hauptbedrohungen für unsere Vögel: In Europa ist in den letzten 30 Jahren jeder zweite Vogel des Agrarlands verloren gegangen – auch häufige Arten wie Rebhühner und Feldlerchen. In Österreich sieht es nachweislich ähnlich aus.
Im Ackerbau fehlen Hecken, Raine und Böschungen. Probleme machen auch Pestizide: Insektizide wie zum Beispiel Neonicotinoide töten Insekten und somit die Nahrung vieler Vögel. Herbizide hingegen beseitigen Wildkräuter, die wiederum Nahrung für Insekten und Vögel darstellen.
Im Wiesenbau dominieren zu starke Düngung und zu frühe und zu häufige Mahd, sodass die Pflanzenvielfalt reduziert sowie Insektenstadien und Vogelnester zerstört werden: um viel Milch zu produzieren, muss früh gemäht werden, da das junge Gras einen höheren Proteingehalt hat.
Unsere konkreten Forderungen
• space4nature – im Ackerland und Grünland müssen auf jedem landwirtschaftlichen Betrieb verpflichtend mindestens 10% für Biodiversität bereitgestellt werden: für Feldlerchen, Rebhühner, Blumen, Schmetterlinge und Bienen!
• money4nature – darüber hinausgehende Naturschutz-Fördermaßnahmen, die den Erhalt von gefährdeten Arten und Lebensräumen unterstützen, müssen ausreichend finanziert sein, um den Landwirt*innen ihre Leistungen für die Umwelt angemessen und fair abzugelten: öffentliche Gelder müssen auch öffenlichen Interessen dienen (public money for public goods)!
• Umweltschädliche Subventionen für die industrielle Landwirtschaft (v.a. Massentierhaltung mit allen ihren Folgen für Nutztiere und die Natur und auf Futtermittelflächen in Übersee) sind zu beenden und ein ernsthafter Systemwechsel zu nachhaltiger Landwirtschaft zu bewirken!
Aber wie ist das Fördersystem aufgebaut?
Die wichtigsten Fördermittel für die Landwirtschaft (fast 40% des EU-Haushalts) kommen aus der GAP. Dabei werden zwei Säulen unterschieden. 1. die marktwirtschaftlich orientierte Säule mit den Direktzahlungen (nur EU-finanziert) und 2. die zweite Säule zur Erreichung spezifischer Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele (Cofinanziert durch Mitgliedsstaaten). In Österreich betrifft dies z.B. das Programm zur Ländlichen Entwicklung (LE), wo auch das Agrarumweltprogramm ÖPUL angesiedelt ist.
Trotz seiner vielfach positiven Ansätze konnte die Ländliche Entwicklung (LE) das Vogelsterben in der EU bisher nur einbremsen, aber nicht stoppen oder umkehren.
"Greening"-Auflagen
Um Direktzahlungen für die Nutzfläche zu erhalten, muss jede/r LandwirtIn sogenannte „Greening“-Auflagen (in Zukunft „Konditionalitäten“ genannt) erfüllen. Diese sollten einen Umweltaspekt in die hoch budgetierte erste Säule der GAP bringen, der jedoch bisher leider ohnehin schon stark verwässert war. Nun sollen diese letzten „Ökologischen Vorrangflächen“ als Folge des Ukraine-Kriegs und der Nahrungsmittelknappheit noch dazu zur Produktion freigegeben werden – wobei das Flächenausmaß angesichts Europas Ackerflächen lächerlich gering ist, und die Ursachen des Getreidemangels im exportorientierten Landwirtschaftssystem, einseitiger Überproduktion weniger Produkte (Milch, Fleisch) und Verwendung von Biomasse für Treibstoff und Energie liegen – BirdLife wehrt sich!
Von Mai 2018 bis zum Herbst 2021 liefen die EU-weiten Verhandlungen zur GAP 2021-2027 (wobei 2021-2022 noch „Übergangsjahre“ waren). Ende 2021 hat Österreich den Entwurf seines GAP-Strategieplans nach Brüssel geschickt, und im April 2022 einen „observation letter“ von der Kommission als Rückmeldung bekommen, der zu geringe Ambitionen im Umwelt- und Klimabereich bescheinigt. Die Monate bis Herbst 2022 werden ausschlaggebend sein, ob Österreich und Europa noch einen Strategiewechsel erkennen lassen!
Bemühungen um Biodiversität
Die EU-Kommission schlug 2018 vor, dass Mitgliedsstaaten zukünftig mehr Freiheiten in der nationalen Umsetzung der GAP gelassen werden, aber die Ambitionen betreffend Umwelt und Biodiversität keinesfalls sinken dürfen. Zudem veröffentlichte die Kommission im Mai 2020 die EU-Biodiversitätsstrategie sowie die „Farm-to-Fork-Strategie“ (vom Hof auf den Teller), wo nachhaltige Ziele erwähnt sind wie z.B. 10% space4nature (10% der landwirtschaftlichen Nutzflächen sollen der Biodiversität dienen).
Diese Ziele sind leider nicht verbindlich und stehen seitens vieler nationaler Landwirtschaftsminister*innen und Agrarlobbies stark unter Druck! Die schrecklichen Folgen des Ukraine-Kriegs und Nachwirkungen der Corona-Pandemie scheinen vielen als Argument für ihre umweltschädlichen Forderungen gerade recht zu kommen.
Noch ist nicht alles verloren. Die EU-Kommission verhandelt bis zum Spätsommer mit den EU-Mitgliedsstaaten über die endgültige Ausgestaltung der jeweiligen nationalen GAP-Umsetzungen ab 01.01.2023. BirdLife bringt sich weiterhin kräftig und klar in diese Verhandlungen ein.
Mehr Infos zu unseren letzten Aktivitäten gibt es als Downloads:
BirdLife Europe Shadow Observation Letter Deutsch Mai 2022 / BirdLife Europe Shadow Observation Letter Englisch Mai 2022
BirdLife Europe and European Environmental Bureau policy briefing "Space for Nature"
BirdLife Europe and European Environmental Bureau policy briefing "Peatlands and Wetlands"
BirdLife Europe and European Environmental Bureau policy briefing "Grasslands in the new CAP"
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