Wildtierkriminalität

Freispruch im Fall vergifteter Rohrweihen in Niederösterreich

Dr. Susanne Schreiner13.10.2025
Zusätzliche Informationen öffnen

PRESSEAUSSENDUNG

Wien, 26. September 2025 – Wien, St. Pölten, 13. Oktober 2025 – Das Landesgericht St. Pölten sprach heute den angeklagten 87-jährigen Jäger vom Vorwurf der vorsätzlichen Schädigung des Tierbestands frei. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Mann die Vergiftung dreier Rohrweihen und eines Kaiseradlers zur Last gelegt. Während das Verfahren mit einem Freispruch im Zweifel endete, zeigt der Fall erneut, wie komplex und herausfordernd die Aufklärung von Wildtierkriminalität in Österreich ist. BirdLife Österreich und WWF Österreich betonen die Notwendigkeit enger Zusammenarbeit und konsequenter Umsetzung der neuen EU-Umweltkriminalitätsrichtlinie und fordern einen Aktionsplan für ein koordiniertes Vorgehen.

Dieser Fall reiht sich in eine lange Liste illegaler Greifvogelverfolgungen in Österreich ein. Immer wieder werden streng geschützte Arten wie Kaiseradler und Rohrweihen, aber auch andere Greifvögel, Opfer von Vergiftungen. „Solche Taten sind ein massiver Eingriff in das Ökosystem. Bereits der Versuch der illegalen Verfolgung ist strafbar“, sagt Johannes Hohenegger von BirdLife Österreich.

Wildtierkriminalität zählt zu den bedeutendsten Gefährdungsfaktoren für Greifvögel in Mitteleuropa und macht bei manchen Arten rund die Hälfte aller Todesfälle aus. Dennoch enden nur sehr wenige Fälle mit einer Verurteilung – häufig scheitern Verfahren an einer mangelnden Beweislage oder fehlenden Hinweisen auf Tatverdächtige. „Es braucht jetzt rasch einen bundesweiten Aktionsplan, um der Wildtierkriminalität einen Riegel vorzuschieben. Vor allem bei streng geschützten Arten zählt jedes einzelne Tier“, sagt Christina Wolf-Petre vom WWF.

„Die engagierte Ermittlungsarbeit der Polizei und die Unterstützung durch Projekte wie wildLIFEcrime sind zentrale Bausteine für eine erfolgreiche Strafverfolgung“, so Johannes Hohenegger von BirdLife Österreich: „Doch damit diese Anstrengungen Wirkung zeigen, braucht es auch klare rechtliche Rahmenbedingungen, spezialisierte Fachstellen und die konsequente Umsetzung der neuen EU-Umweltkriminalitätsrichtlinie. Nur so kann sichergestellt werden, dass Straftaten gegen streng geschützte Arten in Zukunft noch effizienter verfolgt werden.“

Schwierige Beweisführung bei Umweltstraftaten

Dem 87-jährigen Beschuldigten war von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen worden, durch das Auslegen mit Gift präparierter Eier im heurigen Frühjahr zumindest drei Rohrweihen und einen Kaiseradler getötet zu haben. Unter anderem aufgrund seines Verhaltens am Tatort war er ins Visier der Ermittler:innen geraten. Er habe massiv etwas dagegen gehabt, dass das Areal abgesucht wird, und sie beschimpft, gab eine Polizeibeamtin im Zeugenstand zu Protokoll. Jagdkollegen belasteten den Mann und attestierten ihm ein veraltetes Verständnis von Raubwild-Bekämpfung. „Dass trotz intensiver Ermittlungen reichten die Indizien am Ende nicht für einen Schuldspruch“, erklärt Christina Wolf-Petre vom WWF: „Gerade deshalb braucht es weiterhin eine enge und strukturierte Zusammenarbeit zwischen Polizei, Justiz und Naturschutzorganisationen.“

Vermisster Kaiseradler, tote Rohrweihen und präparierte Eier

Ausgangspunkt der Ermittlungen war das plötzliche Verschwinden eines mit GPS-Sender des TB Raab ausgestatteten Kaiseradlers westlich von St. Pölten im heurigen Frühjahr. Der GPS-Sender wurde abgeschnitten vorgefunden – vom Kaiseradler selbst fehlt bis heute jede Spur. Im Zuge der darauf eingeleiteten Nachsuche zum Verbleib des Kaiseradlers durch das Landeskriminalamt (LKA) Niederösterreich stießen die Ermittler:innen im Gebiet stattdessen auf drei tote Rohrweihen. Aufgrund der Anzahl und der auffälligen Fundumstände wurde BirdLife Österreichs Kadaverspürhund „Eljos“ zur Unterstützung angefordert. Bei der erweiterten Nachsuche entdeckte das Team weitere drei tote Rohrweihen sowie eine große Zahl von mit Gift versetzten Hühnereiern – teils frisch ausgelegt, teils bereits leer.

Gemeinsam gegen Wildtierkriminalität

WWF Österreich und BirdLife Österreich arbeiten im Rahmen des EU-geförderten Projekts „wildLIFEcrime“ eng mit der Polizei, der Veterinärmedizinischen Universität Wien und anderen Partnerorganisationen zusammen. Ziel ist es, Wildtierkriminalität systematisch zu bekämpfen – durch Fortbildung spezialisierter Ermittler:innen, den Einsatz von Kadaverspürhunden und gezielte Öffentlichkeitsarbeit.

Forderung: Umweltkriminalitätsrichtlinie konsequent umsetzen

Mit der neuen EU-Umweltkriminalitätsrichtlinie liegt nun ein starkes Instrument vor, um Straftaten gegen geschützte Arten wirksamer zu verfolgen. BirdLife und WWF appellieren an die österreichische Bundesregierung, die Richtlinie rasch und ambitioniert umzusetzen – mit klaren Zuständigkeiten, ausreichenden Ressourcen und besserer Strafverfolgung. „Nur wenn Umweltkriminalität ernsthaft verfolgt wird, können wir Arten wie Kaiseradler und Rohrweihe, genauso wie Fischotter und Luchs, langfristig schützen“, so Christina Wolf-Petre vom WWF abschließend.

Helfen Sie mit und melden Sie uns Verdachtsfälle unter:

Grenzüberschreitendes EU-LIFE-Projekt „wildLIFEcrime“

Im Rahmen des EU-geförderten wildLIFEcrime-Projekts (LIFE22-GIE-DE-wildLIFEcrime) arbeiten 13 Organisationen aus Österreich und Deutschland an der Reduktion der Wildtierkriminalität. Eine Koalition aus Naturschutzverbänden, Polizei, Universitäten, Behörden und Veterinärmedizinern setzt sich für den besseren Schutz gefährdeter Arten ein, wodurch dieses Projekt bis 2028 dazu beitragen soll, die Wildtierkriminalität in Deutschland und Österreich zu reduzieren.

Weiterführende Links: Das Projekt wildLIFEcrime – wildLIFEcrime

Rückfragehinweis

Dr. Susanne Schreiner, Pressesprecherin BirdLife Österreich 1150 Wien, Diefenbachgasse 35/1/6 Mobil: +43 (0) 699 181 555 65 susanne.schreiner@birdlife.at

Beigefügtes Foto sowie die Inhalte der Pressemappe stehen Ihnen bei Angabe des angeführten Fotoautors/der angeführten Fotoautor:in © und im Zusammenhang mit dieser Aussendung zur Verfügung.