Seltene Gäste in Österreich: Vogel-Highlights im November

In unserer monatlichen Reihe "Seltene Gäste in Österreich: Vogel-Highlights im..." stellen wir eine Auswahl der spannendsten Vogelbeobachtungen des letzten Monats vor, die auf ornitho.at bis zum letzten Tag des jeweiligen Monats gemeldet wurden. Diese Meldeplattform dient dazu, wissenschaftlich verwertbare bzw. naturschutzrelevante Daten über Vögel in Österreich zu sammeln. Die Dokumentationen zur Sichtung sehr selten auftretender Vogelarten werden regelmäßig von der Avifaunistischen Kommission Österreich (AFK) überprüft. Bei aktuellen Meldungen ist das noch nicht erfolgt; die Nennung hier erfolgt daher mit Vorbehalt. Über die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlicht die AFK regelmäßig Berichte auf ihrer Website.
Das Jahr neigt sich schon fast dem Ende zu – Zeit, auf den vorletzten Monat zurückzublicken, in dem erneut einige beeindruckende Vogelarten ihren Weg nach Österreich gefunden haben.
Nordische Gänse auf Besuch
Traditionell suchen zahlreiche Gänsearten vor allem den Osten Österreichs zum Rasten und zum Überwintern auf. In großen Trupps von Bläss- und Graugänsen können sich dabei auch seltenere Arten verstecken. Im Seewinkel/B, an den Wörther Schotterteichen/NÖ und am Unteren Inn/OÖ wurden Weißwangengänse (Branta leucopsis) beobachtet. Ihr Brutgebiet hat sich in den letzten Jahrzehnten von Skandinavien ausgehend bis weit nach Westeuropa ausgedehnt; einzelne unregelmäßige Brutvorkommen befinden sich auch in Mitteleuropa. Die Art zählt zur Gattung der sogenannten „Meergänse“. Eine weitere Vertreterin der Meergänse ist die Rothalsgans (Branta ruficollis)., die mehrfach mit maximal zwei Individuen im Seewinkel beobachtet wurde. Einzelne -individuen dieser Art treten alljährlich im Nordburgenland auf.
Eine Vertreterin der „Feldgänse“ ist dagegen die Zwerggans (Anser erythropus), die sehr selten im Norden von Schweden, Norwegen sowie in Russland brütet. Im November wurden bis zu drei Individuen ausschließlich im Seewinkel/B gesichtet.
Seltene Wasservögel
Wie jedes Jahr erwarten wir im Rheindelta/V Sichtungen von aus dem Norden stammenden Singschwänen (Cygnus cygnus). Auch heuer wurden dort bereits einige Individuen entdeckt. Abseits des Rheindeltas tritt die Art in Österreich allerdings selten auf. Seit einigen Jahren gibt es aber bemerkenswerterweise ein erfolgreiches Brutpaar in Niederösterreich. Mitte November wurden zudem zwei Singschwäne am Unteren Inn/OÖ beobachtet.

Ein „Dauerbrenner“ im Rheindelta ist die Eiderente (Somateria mollissima), die sich dort fast das ganze Jahr über aufhält. Ihre Brutgebiete liegen unter anderem an den deutschen Küsten der Nord- und Ostsee. Als Meeresente kommt sie an Binnengewässern eher selten vor.
Am Wörthersee/K und am Schwarzlteich/STMK wurde jeweils eine Trauerente (Melanitta nigra) beobachtet. Da es sich um ein ausgefärbtes Männchen und einen diesjährigen Vogel handelt, ist das Auftreten von zwei verschiedenen Individuen gesichert.
An den Güssinger Teichen/B, im Seewinkel/B sowie im Rheindelta/V wurden erneut Sichler (Plegadis falcinellus) gesichtet. Es bleibt spannend, ob diese Art auch im Dezember weiterhin in Österreich zu beobachten sein wird.
Singvögel auf „Abwegen“
Nachdem bereits im Oktober einige Taigazilpzalpe (Phylloscopus collybita tristis) in Österreich zugegen waren, konnten auch im November einige in Niederösterreich, in Wien – auf der Donauinsel – und sogar in Tirol beobachtet bzw. gehört werden. Die Art ist nur durch ihre bräunlich/grau Färbung in Kombination mit ihrem typischen Ruf sicher bestimmbar.
Wie jedes Jahr dürfen wir Schneeammern (Plectrophenax nivalis) in unseren Breitengraden begrüßen! Im November wurden einzelne Vögel in Klöch/Stmk und auf der Rauchenwarther Platte/N beobachtet, sowie drei Exemplare in Drösing/N, 14 auf der Bernhardsthaler Ebene/N, zwei in Feldkirchen/OÖ und vier im Seewinkel/B. Nachdem der Winter 2024/25 auch an bekannten Überwinterungsplätzen wie dem Seewinkel vergleichsweise Schneeammern-schwach ausgefallen ist, deuten die vergleichsweise zahlreichen Meldungen darauf hin, dass die Art in den kommenden Monaten wieder regelmäßiger in Österreich auftreten könnte.
Eine spät eingetroffene Meldung möchten wir nicht vorenthalten: am 31. Oktober konnte bei der alpinen Beringungsstation am Pfitscher Joch/T ein ziehender Waldpieper (Anthus hodgsoni) mithilfe einer „Horchbox“, die Stimmen vorbeikommender Vögel automatisiert erfasst, nachgewiesen werden. Bei Anerkennung durch die AFK würde es sich um den zweiten österreichischen Nachweis handeln!
Haben Sie das gewusst?
"Ein Sonagramm ist eine grafische Darstellung von Vogelstimmen. Es macht sichtbar, wie der etwa Ruf des Waldpiepers aufgebaut ist: Die horizontale Achse stellt die Zeit dar, die vertikale die Tonhöhe (Frequenz). Der Stärke der einzelnen Komponenten wird durch die Schattierung angegeben. Sonagramme können Details zeigen, die das menschliche Ohr weniger gut unterschieden kann. Viele Gesänge und Rufe von Vögeln zeigen Muster, die eine rein akustische Artbestimmung ermöglichen."

Redaktionsteam

Andere seltene Vögel
Gleich zwei Gleitaare (Elanus caeruleus) wurden im Burgenland beobachtet. Sie waren beide beringt. Diese Sichtung stellt den 26. Nachweis in Österreich dar.

In Ginzersdorf/NÖ und bei Türnitz/NÖ wurde jeweils spät eine diesjährige Steppenweihe (Circus macrourus) beobachtet, im Seewinkel/B waren es sogar mindestens zwei Männchen. Auch diese Art wird im Osten Österreichs zu den Zugzeiten schon fast zum „Dauerbrenner“.
Vorbehaltlich der Entscheidung durch die AFK wurde aus dem Seewinkel am 1.11. Österreichs dritter Fahlsegler (Apus pallidus) gemeldet, wenngleich überprüfbare Belege weiterhin fehlen.
Ebenfalls im Seewinkel war ein Mornellregenpfeifer (Eudromias morinellus) weiterhin anwesend. November-Nachweise dieser Art sind bei uns selten.
Ausblick zum Jahresende
Nachdem nun auch der „ornithologische Winter“ deutlich in Österreich angekommen ist, lohnt es sich auf jeden Fall wieder Trupps von Wasservögeln wie Enten und Gänsen, sowie überwinternde Singvögel nach Seltenheiten zu durchsuchen. Vielleicht findet sich ja im Dezember so noch der eine oder andere großartige Jahresabschluss.
Disclaimer
Vogelbeobachtung soll Freude bereiten – aber stets im Einklang mit dem Wohl der Vögel! Ein verantwortungsvolles Verhalten ist dabei unerlässlich. Absichtliche Störungen, das Beineinträchtigen von Lebensräumen sowie das bewusste Aufscheuchen oder Anlocken von Vögeln durch Klangattrappen lehnen wir entschieden ab. Eine „bessere“ Beobachtung oder ein vermeintlich „perfektes“ Foto rechtfertig so ein Verhalten unter keinen Umständen! Bitte bleiben Sie auf ausgeschriebenen und regelmäßig genutzten Wegen und vermeiden Sie das Betreten von Privatgrundstücken oder geschützten Flächen ohne Erlaubnis. Unbedachtes Verhalten kann nicht nur die beobachteten Vögel belasten, sondern auch andere Arten in der Umgebung unnötig stressen. Darüber hinaus sollten Sie als Naturliebhaber:in mit gutem Beispiel vorangehen. Rücksichtnahme ist der Schlüssel zu einem harmonischen Naturerlebnis!
Wir legen Ihnen zudem nahe, Ihre Anreise so klimafreundlich wie möglich zu gestalten – idealerweise ohne CO₂-Emissionen. Nutzen Sie öffentliche Verkehrsmittel, gehen Sie zu Fuß oder fahren Sie mit dem Fahrrad. Wenn eine Fahrt mit dem Auto notwendig ist, bilden Sie doch Fahrgemeinschaften – gemeinsam Vögel zu beobachten macht nicht nur mehr Freude, sondern schont auch die Umwelt!
Wir bedanken uns an dieser Stelle bei Anita Hombauer, Franz Stoll und Benjamin Schedl für die Fotos. Bei Michael Bokämper bedanken wir uns für das Sonogramm!
Beobachtungen wildlebender Vogelarten können an BirdLife über die Meldeplattform www.ornitho.at gemeldet werden. Bei sehr seltenen Vogelarten (oder Unterarten) sollte zusätzlich auch eine Dokumentation bei der Avifaunistischen Kommission von BirdLife erfolgen. Die Überprüfung durch die Kommission ist die Grundlage für die weitere Verwendung dieser Beobachtungen (z. B. in Publikationen aller Art). Welche Arten gemeldet werden sollten, ist hier ersichtlich.









