Vogelsichtungen

Das war der Kranichzug über Österreich 2025

Evelyn Hofer, MSc27.11.2025
Zusätzliche Informationen öffnen

Der Kranich (Grus grus) brütet in Europa vorwiegend in der Nordhälfte des Kontinents, mit einem Schwerpunkt in Fennoskandien und den baltischen Staaten. In Mitteleuropa treten Bruten nur vereinzelt auf, etwa in Südböhmen und seit 2017 auch durch ein Brutpaar in Niederösterreich.

Während Kraniche hierzulande kaum brüten, zeigt sich auf dem Zuggeschehen ein völlig anderes Bild. Vor allem im Herbst ziehen zunehmend große Trupps – überwiegend aus Ostungarn kommend – über Österreich hinweg. Dieses Phänomen ist erstaunlich jung: Erst seit den frühen 2000er-Jahren lässt sich diese Zugroute beobachten. Zuvor ließen die beeindruckenden Schreitvögel das zentrale Mitteleuropa und den Alpenraum auf ihrem Zug in den Süden weitgehend aus.

BirdLife Österreich hat zur Meldung aufgerufen

Um dieses Naturschauspiel besser zu dokumentieren, rief BirdLife Österreich im Herbst zur Meldung ziehender Kraniche auf – sowohl über die eigens eingerichtete Kranich-Meldeplattform als auch über www.ornitho.at

Zwischen September und November 2025 gingen in Summe etwa 2400 Meldungen ein. Die daraus entstandene Karte zeichnet ein eindrucksvolles Bild des Zugverlaufs über Österreich.

Der Zugweg der Kraniche: Vom Seewinkel bis in die Alpen

Die meisten der über Österreich ziehenden Kraniche folgen – aus Nordeuropa kommend – zuerst der baltisch-ungarischen Zugroute in Richtung Süden nach Ostungarn. Dort rasten sie an einem der größten traditionellen Kranich-Rastplätze – der Hortobágy-Puszta, von wo sie Richtung Westen abschwenken, statt wie viele ihrer Artgenossen der traditionellen Route weiter nach Süden Richtung Serbien, Italien und Nordafrika zu folgen. Der direkte Westkurs führt sie in großer Zahl in den nordburgenländischen Seewinkel. Dort hat sich inzwischen ein bedeutender Rastplatz etabliert, auf dem sich mittlerweile mehrere Tausend Kraniche sammeln. Einige Trupps kommen auch dem Verlauf der Donau folgend oder nördlich davon ins Land.

Danach teilt sich die Route in zwei Hauptachsen:

  • Nördlich der Alpen verläuft ein klarer Westkurs Richtung Deutschland, der nach Südwesten schwenkt und weiter nach Frankreich und Spanien und sogar bis Nordafrika führt.

  • Südwestlich der Alpen und über die östlichen Randalpen zieht ein beträchtlicher Teil der Vögel über Niederösterreich und die Steiermark, überfliegt dabei auch Alpenpässe und große Täler – etwa das steirische Mürztal – und erreicht anschließend häufig Kärnten. Auch im Klagenfurter Becken kommt es regelmäßig zu eindrucksvollen Durchzügen.

Inneralpin bleiben die Meldungen dagegen deutlich seltener – ein Hinweis darauf, dass die meisten Vögel die hohen Berge lieber großräumig umfliegen.

Ein kurzes, aber spektakuläres Naturschauspiel

Das Kranichspektakel über Österreich währt nur kurz: Nach ersten Beobachtungen Mitte September folgte der erste größere Schwung Mitte Oktober mit einem Höhepunkt in der ersten Novemberwoche. Mitte November war es auch schon wieder vorbei und die Kraniche sind mittlerweile hoffentlich sicher in ihren Winterquartieren angekommen.

Vogelgrippe: Österreichs rastende Kraniche blieben verschont

Während entlang der südwestlichen Zugroute – etwa in Norddeutschland und Frankreich – in dieser Saison zahlreiche Kraniche vom Vogelgrippevirus betroffen waren, blieben die in Österreich rastenden Trupps glücklicherweise verschont.