Lebensraumschutz

Stillgewässer: Lebensräume im Wandel

Dr. Susanne Schreiner03.11.2025
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PRESSEAUSSENDUNG

Wien, 03. November 2025 - Stillgewässer zählen zu den artenreichsten, aber auch am stärksten bedrohten Lebensräumen Österreichs. Mit dem Projekt „Stillgewässer in Österreich – Langfristige Entwicklungen und deren Bedeutung für die Vogelwelt“ hat BirdLife Österreich aktuell eine umfassende Bewertung ihrer ökologischen Bedeutung durchgeführt - mit Vögeln als wertvollen Bioindikatoren. Dazu wurden die Brutbestände von Wasservögeln an 198 Stillgewässern in Österreich systematisch erfasst. Für 155 Stillgewässer stehen 30 Jahre alte Vergleichsdaten zur Verfügung. Diese zeigen, dass 43 Prozent der erfassten Gewässer in derselben Bedeutungsstufe verblieben sind, 37 Prozent eine niedrigere Einstufung und 21 Prozent eine höhere Einstufung erhalten haben. Damit liegt nun die einzige bundesweite Langzeitbilanz für Wasservögel und ihren Lebensraum vor – und ein klarer Auftrag zum Handeln.

Stillgewässer – Hotspots der Biodiversität

Ob Teiche, Lacken, Stauseen oder natürliche Seen – Österreichs Stillgewässer sind Lebensräume für unterschiedlichste Arten Obwohl sie nur rund drei Prozent der Landesfläche ausmachen, brütet hier ein Viertel aller heimischen Vogelarten. „Zwei Drittel unserer Sumpf- und Wasservögel stehen auf der Roten Liste oder gelten als besonders schutzbedürftig“, so Remo Probst von BirdLife Österreich: „Sie sind auf intakte Schilfgürtel und Verlandungszonen angewiesen – Lebensräume, die zunehmend unter Druck geraten.“

Nicht nur für Brutvögel sind die Gewässer von enormer Bedeutung – besonders zur Zugzeit und im Winter werden die heimischen Gewässer auch von Gästen aus dem Norden oder durchziehenden Arten als Rastplätze benötigt.

Ein einzigartiger Zeitvergleich

Die aktuelle Erhebung (2024–2025) knüpft direkt an die erste Stillgewässerbewertung von 1988–1991 an. Damit wurde ein einzigartiger Datensatz geschaffen, der Veränderungen übermehr als drei Jahrzehnte sichtbar macht. Österreichweit wurden rund 200 Stillgewässer nach standardisierten Methoden kartiert und mit über 20.000 Datensätzen ausgewertet.

Ergebnisse: 37 von 38 Zielvogelarten bestätigt, negative wie positive Entwicklungen

Von den 38 Zielarten der ursprünglichen Studie wurden 37 erneut nachgewiesen, der Rothalstaucher gilt jedoch mittlerweile in Österreich als erloschen. Der Zeitvergleich zeigt dennoch deutliche Veränderungen: 43 Prozent der Gewässer blieben in ihrer Bedeutung gleich, 37 Prozent wurden abgewertet, nur 21 Prozent konnten aufgewertet werden.

„Besonders stark negativ betroffen sind die Lacken im Seewinkel, wo sinkende Grundwasserstände zum Austrocknen ganzer Brutareale führen. Auch an vielen Alpenrandseen – etwa in Kärnten und Oberösterreich – wirken sich Freizeitdruck und Wellenschlag motorisierter Boote negativ aus“, so Probst, doch: „Gleichzeitig zeigen Renaturierungen eindrucksvoll, dass Gegenmaßnahmen wirken: Im Weidmoos (Salzburg), an diversen Stauseen (Inn, Drau) oder in geschaffenen Ausgleichsflächen wie Großwilfersdorf (Steiermark) konnten sich vielfältige Brutgemeinschaften etablieren, die natürlichen Lebensräumen ebenbürtig sind.“

Regionale Schwerpunkte und Top-Gewässer

Zu den bedeutendsten Wasservogelgebieten Österreichs zählen der Neusiedler See (Burgenland), der Bodensee, die Stauseen an Inn, Enns und Drau, die Waldviertler Teiche, das Weidmoos (Salzburg) und das Klagenfurter Becken. Diese Gebiete beherbergen die größte Artenvielfalt, die größten Wasservogelbestände und stellen zentrale Rückzugsräume für spezialisierte Wasservögel dar.

Klimawandel und neue Höhenrekorde

Der Klimawandel verändert zunehmend die Lebensräume der Wasservögel. Arten wie Zwergtaucher, Reiherente oder Blässhuhn brüten inzwischen in deutlich größeren Seehöhen – bis über 1.700 Meter, etwa am Schwarzen See in Tirol. Diese Ausbreitung gleicht die Verluste in tieferen Lagen jedoch bei weitem nicht aus.

Ausblick: Monitoring als Zukunftsaufgabe

Das Projekt legt die Basis für ein langfristiges Monitoringkonzept. Künftige Erhebungen sollen in kürzeren Abständen erfolgen, um Ursachen für Bestandsveränderungen – von Lebensraumqualität über Freizeitdruck bis hin zu Klimafaktoren – gezielt zu erfassen.

„Nur wer den Zustand seiner Lebensräume kennt, kann sie auch wirksam schützen“, betont BirdLife-Projektleiter Remo Probst von BirdLife Österreich: „Unsere Ergebnisse zeigen: Stillgewässer sind unverzichtbare Hotspots der Biodiversität – aber ihr Erhalt erfordert entschlossenes Handeln und nachhaltiges Management.“

Links:

Aktueller Stillgewässer-Projektbericht

Stillgewässerbewertung 1988-91

Das Projekt „Stillgewässer in Österreich – Langfristige Entwicklungen und deren Bedeutung für die Vogelwelt“ wird durch den Biodiversitätsfonds des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft gefördert.

Rückfragehinweis

Dr. Susanne Schreiner, Pressesprecherin BirdLife Österreich 1150 Wien, Diefenbachgasse 35/1/6 Mobil: +43 (0) 699 181 555 65 susanne.schreiner@birdlife.at

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