Hilfe für den Kiebitz! BirdLife Österreich kürt den Kiebitz zum Vogel des Jahres 2026


PRESSEAUSSENDUNG
BirdLife Österreich kürt den Kiebitz zum Vogel des Jahres 2026
Wien, 16. Oktober 2025 – In den letzten 25 Jahren halbierte sich die Anzahl der Kiebitze (Vanellus vanellus) in Österreich. Daher ernennt die Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich diesen charakteristischen Feldvogel zum Jahresvogel 2026. Doch der Kiebitz ist nicht verloren! Maßgeschneiderte Schutzmaßnahmen können das Überleben dieses stark gefährdeten Bodenbrüters sichern. Als sogenannte Schirmart kann der Kiebitz wesentlich dazu beitragen, den dramatischen Verlust an Biodiversität im Ackerland zu bremsen.
Die alljährliche Kür zum Vogel des Jahres soll auf die Gefährdung der Tierart und ihrer Lebensräume aufmerksam machen. Seit dem Jahr 2000 wird der Jahresvogel in Österreich von der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich ausgerufen. „Der Kiebitz ist eine Symbolart der Agrarlandschaft und eignet sich aufgrund seiner Beliebtheit besonders gut, um die Bevölkerung für die Bedeutung einer biodiversitätsfreundlichen Landwirtschaft zu sensibilisieren“, so Daniel Leopoldsberger, Projektverantwortlicher bei BirdLife Österreich.
Ausgangspunkt - Dramatischer Rückgang
Von allen Vogelartengruppen Österreichs geht es den Feld- und Wiesenvögeln am schlechtesten. Sie leiden vor allem unter der Intensivierung der Landwirtschaft und dem Lebensraumverlust im ländlichen Raum. Der Kiebitz ist eine allseits bekannte, sehr beliebte und auffällige Vogelart, die durch Ruf, Aussehen und Flugkünste viele Menschen beeindruckt. Seine Bestände sind in den letzten Jahrzehnten jedoch um mehr als die Hälfte eingebrochen. Aktuell werden nur rund 3.800–6.900 Brutpaare österreichweit gezählt, ein Minus von 57 Prozent seit 1998 (Quelle: Monitoring der Brutvögel Österreichs, BirdLife Österreich 2024). Der Kiebitz gilt in Österreich laut Roter Liste als potenziell gefährdet und ist auf der BirdLife-Ampelliste in der Kategorie mit der höchsten Handlungspriorität geführt. Hauptursache ist der massive Verlust geeigneter Brut- und Nahrungsflächen durch die intensive Landwirtschaft.
Der Kiebitz braucht Hilfe
Der Kiebitz war ursprünglich ein Bewohner feuchter und mager bewachsener Wiesen mit guter Rundum-Sicht. Da sumpfige Wiesen aber weitgehend entwässert und kultiviert wurden, hat der Kiebitz sein ursprüngliches Habitat verloren. Der Kiebitz schaffte jedoch teilweise den Umstieg auf einen Ersatzlebensraum mit Rundum-Sicht, die Ackerlandschaft.
Besonders während der empfindlichen Brutzeit von März bis in den Juni ist er dort jedoch zahlreichen Gefahren ausgesetzt. Viele Gelege werden in dieser Zeit unbeabsichtigt durch landwirtschaftliche Bewirtschaftung zerstört. Auf Äckern ist es die Bodenbearbeitung, das Vorbereiten des Bodens, das Einsäen und zum Teil auch die Düngung der Flächen, die die Nester zerstört, noch bevor die Küken schlüpfen können. Im Grünland ist es vor allem die frühe Mahd. „Weil der Kiebitz ab März seine Eier bevorzugt auf unbebaute Äcker ablegt und dort brütet, gerät er seit Jahrzehnten in die Mühlen der modernen Technik der Feldbewirtschaftung“, erklärt Daniel Leopoldsberger: „Viele Erstgelege des Bodenbrüters werden zumeist vollständig durch die maschinelle Bewirtschaftung im April vernichtet.
Wenn es Küken schaffen zu schlüpfen stehen sie vor einem ernsthaften Problem: In den Getreideanbaugebieten steht ab Mai die Vegetation so dicht und hoch, dass diese Flächen für die Kiebitze nicht mehr nutzbar sind. In den Maisanbaugebieten treffen die Jungvögel auf eine trockene und nahezu insektenfreie Umgebung in der eine effiziente Nahrungsaufnahme unmöglich ist. Doch dieser negative Ablauf kann mittels einfacher Maßnahmen gestoppt werden.
Lösungsansätze
Einerseits schützt eine verzögerte Aussaat von Mais und Soja die Erstgelege der Kiebitze. Andererseits können die Gelegestandorte markiert werden, sodass die Gelege bei der Feldbewirtschaftung ausgespart werden können. „Kiebitz-Schutz kann in moderner Feldbewirtschaftungstechniken bestens funktionieren!“, so der Projektleiter Leopoldsberger: „Die österreichweite Initiative „Gemeinsam für den Kiebitz“, unter der Federführung von der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich und dem Verein thema: natur, setzt sich gezielt für den Schutz des Kiebitzes und weiterer gefährdeter Bodenbrüter in der heimischen Agrarlandschaft ein. Aktuell arbeiten wir in rund 14 Projektregionen österreichweit ganz gezielt in enger Zusammenarbeit mit Landwirtinnen und Landwirten - für den Schutz des Kiebitzes in der heimischen Agrarlandschaft.“ Erfolgreiche Vorgängerprojekte gab es bereits in OÖ.
„Die Bäuerinnen und Bauern arbeiten mit uns zusammen, weil sie die Gelege und Jungen ja auch nicht überrollen wollen. Wir als Vogelschutzorganisation stellen dabei die Verbindung zwischen den Landwirt:innen und den Vögel her. Die Erfahrungen zeigen, dass moderne Landwirtschaft und Vogelschutz erfolgreich einhergehen können! Bäuerinnen und Bauern spielen beim Schutz von Feld- und Wiesenvögeln eine entscheidende Schlüsselrolle“, so Daniel Leopoldsberger: „Zum Schutz unseres Jahresvogels 2026!“
Hintergrundinformationen zum Kiebitz
Status: regelmäßiger Brutvogel
Bestandstrend: Abnehmend
Rote Liste (AT): Gefährdung droht
Bestandszahl: 3.800–6.900 Brutpaare
Ampelliste: Rot
Wie erkenne ich einen Kiebitz?
Kräftiger, etwa taubengroßer Regenpfeifer mit markantem Aussehen: schwarzweiß gefärbt, mit metallisch grünem Glanz am Rücken, lange, dünne Federholle (spitz zulaufender Federschopf) am Hinterkopf. Im Flug fallen vor allem die breit gerundeten Flügel auf. Sehr markante und gut bekannte Vogelart.
Wird häufig verwechselt mit
Eigentlich unverwechselbar, doch werden manchmal Kiebitze mit Wiedehöpfen verwechselt, die ebenfalls eine Haube am Kopf tragen und recht breite Flügel haben, jedoch beigeorange gefärbt sind mit schwarzweiß gestreiften Flügeln und Rücken. Zudem ist ihre Federhaube beigeorange mit schwarzen Spitzenflecken und kann wie eine „Irokesenfrisur“ aufgestellt werden. Weit entfernt fliegende Kiebitz-Trupps könnten mit anderen Limikolen (Wat- und Stelzvögel) verwechselt werden, im Flug sollte man daher auf die kontrastreiche schwarzweiße Zeichnung und die gerundeten Flügel achten.
Stimme
In seinem Revier ist der Kiebitz sehr stimmfreudig mit verschiedenen langgezogenen heiseren Rufen, etwa chii-wääh und einem "jodelnden" Gesang (kiju-wid-ju-wid). Im Balzflug ist auch ein wummerndes Geräusch zu hören, das durch seine Flügelfedern erzeugt wird.
Lebensraum
Der Kiebitz nutzt in Mitteleuropa landwirtschaftlich geprägte Gebiete. In Oberösterreich, das mit 2000-3000 Brutpaaren etwa die Hälft des österreichischen Bestandes aufweist, brüten etwa 90% der Kiebitze auf Ackerflächen. Dort leidet der Kiebitz jedoch unter der Intensivierung der Landwirtschaft und den Verlust von feuchten Stellen in und um die Ackerflächen. Zur Nahrungssuche benötigt der Kiebitz feuchte Böden, in denen er nach Insekten, Würmern und kleinen Wirbellosen stochern kann. In natürlichen oder Wiederhergestellten Landschaften bevorzugt der Kiebitz offene, feuchte Lebensräume wie Wiesen, Moore und Flussniederungen. Dort sind extensiv genutzte oder brachliegende Flächen mit kurzem Bewuchs, wo er seine Bodenmulden als Nistplätze anlegt besonders wichtig.
Nahrung
Der Kiebitz frisst hauptsächlich kleine Bodentiere. Den größten Anteil davon machen Insekten und deren Larven aus, vor allem im Frühjahr aber auch Regenwürmer. Zeitweise (Winter) auch vegetabilische Ernährung.
Verhalten
Vor allem am Frühjahrszug können große Trupps beobachtet werden, die oft mit Staren, zuweilen auch mit Goldregenpfeifern vergesellschaftet sind. Brütet häufig in lockeren Kolonien und hat Bodennester mit, wie für viele Limikolen typisch, vier tarnfärbigen Eiern. Als Bodenbrüter ist der Kiebitz gegenüber Nesträubern wie z. B. Füchsen sehr gefährdet. In der Regel können diese in größeren Kolonien effektiver abgewehrt werden. Der Erhalt größerer, zusammenhängender Brutgebiete ist deshalb auch aus diesem Grund von zentraler Bedeutung.
Was kann ich tun?
Gezielter Lebensraumschutz für den Kiebitz umfasst die Anlage und die Erhaltung von Sutten, Brachen sowie von Feuchtwiesenresten in der Ackerlandschaft. Die Anlage von bis Mitte Juni unbewirtschafteten „Kiebitz-Inseln“ in Feldern hat sich in vielen Länder bewährt. Die Verzögerung der Ansaat von Mais oder Soja bis ca. 10. Mai verhilft Kiebitz-Kolonien zu gutem Schlupferfolg der Erstgelege. Zusätzlich ist das Abstecken von aktuellen Neststandorten, um sie bei der Bearbeitung auszuspare
Weiterführende Links
https://www.birdlife.at/voegel/kiebitz/
„Das Projekt „Gemeinsam für den Kiebitz“ wird im Rahmen des GSP 2023-27 vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft (BMLUK) und der EU gefördert“.

Rückfragehinweis
Dr. Susanne Schreiner, Pressesprecherin BirdLife Österreich 1150 Wien, Diefenbachgasse 35/1/6 Mobil: +43 (0) 699 181 555 65 susanne.schreiner@birdlife.at
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