Seltene Gäste in Österreich: Vogel-Highlights im Mai

In unserer monatlichen Reihe "Seltene Gäste in Österreich: Vogel-Highlights im..." stellen wir eine Auswahl der spannendsten Vogelbeobachtungen des letzten Monats vor, die auf ornitho.at bis zum letzten Tag des jeweiligen Monats gemeldet wurden. Diese Meldeplattform dient dazu, wissenschaftlich verwertbare bzw. naturschutzrelevante Daten über Vögel in Österreich zu sammeln. Die Dokumentationen zur Sichtung sehr selten auftretender Vogelarten werden regelmäßig von der Avifaunistischen Kommission Österreich (AFK) überprüft. Bei aktuellen Meldungen ist das noch nicht erfolgt; die Nennung hier erfolgt daher mit Vorbehalt. Über die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlich die AFK regelmäßig Berichte auf ihrer Website.
Wie jedes Jahr brachte auch der Mai zahlreiche Sichtungen seltener Vogelarten mit sich. Kein Wunder: Viele Vögel befinden sich zu dieser Zeit noch auf ihrem Frühjahrszug und legen auf dem Weg in ihre Brutgebiete Zwischenstopps bei uns ein. Dabei verirren sich immer wieder auch besonders ungewöhnliche Gäste in unsere Breiten. Diese unerwarteten Beobachtungen machen den Mai Jahr für Jahr zu einem besonders spannenden Monat für (Hobby-) Ornitholog:innen.
Seltene Limikolen sorgen für Aufregung
Während bereits Anfang Mai Sumpfläufer (Calidris falcinellus) im Seewinkel für Aufsehen sorgten, deren nächste Brutgebiete in Norwegen, Schweden und Finnland liegen, gesellte sich kurze Zeit später auch ein Graubrust-Strandläufer (Calidris melanotos), dessen Brutgebiete noch weiter entfernt liegen – nämlich in den Tundren Sibiriens und Nordamerikas. Seine Überwinterungsgebiete liegen im Süden Australiens, Südamerikas sowie in Neuseeland.
Ende Mai tauchte am Rudmannser Teich im Waldviertel ein Terekwasserläufer (Xenus cinereus) auf, der 1. Nachweis dieser Vogelart für das Waldviertel, der 2. für Niederösterreich. Einen Tag später wurde ein weiterer Terekwasserläufer im Seewinkel entdeckt, gleichzeitig konnte aber jener aus dem Waldviertel noch beobachtet werden sowie einer an den Eichfelder Teichen/STMK. Ende Mai also hielten sich mindestens drei Individuen in Österreich auf. Die nächsten Brutgebiete des Terekwasserläufers liegen in der Ukraine und in Belarus.
Neben diesen seltenen „Läufern“ wurden – wie auch im April – Doppelschnepfen (Gallinago media) in Niederösterreich, der Steiermark und im Burgenland gesichtet, sowie jeweils ein Austernfischer (Haematopus ostralegus) im Burgenland und in Kärnten.
Möwen aus dem Süden und Norden
An den Schotterteichen in Wörth/NÖ, an denen regelmäßig Seltenheiten auftauchen, wurde eine Korallenmöwe (Ichthyaetus audouinii) entdeckt! Es handelt sich dabei um den 2. Nachweis dieser Vogelart in Österreich, der 1. erfolgte 2022 in Tirol. Die Korallenmöwe brütet in relativ geringer Zahl am Mittelmeer, doch ist ihr Bestand in den letzten Jahrzehnten deutlich angestiegen. Der Vogel in Österreich war zwei Tage zu beobachten.

Im Seewinkel/B wurde auch eine Tundramöwe (Larus fuscus heuglini) entdeckt, deren Bestimmung recht diffizil sein kann.
Mai = Monat der Seeschwalben?
Während im Seewinkel/B zwei Zwergseeschwalben (Sternula albifrons) zu sehen waren, konnte auch jeweils eine Lachseeschwalbe (Gelochelidon nilotica) im Seewinkel/B, am Königsdorfer Teich/B und den Schotterteichen Wörth/NÖ beobachtet werden. Das war noch nicht alles: Im Seewinkel wurde eine Küstenseeschwalbe (Sterna paradisea) angetroffen, wie ebenso im Mürztal/STMK und sogar zwei im Rheindelta/V. Eine Brandseeschwalbe (Thalasseus sandvicensis) wurde am Faaker See/K sowie am Wörthersee/K entdeckt und gleich drei im Aichfeld/STMK und zwei im Rheindelta/V.
Außergewöhnliche Adler und Falken
Im Hanság/B, in Oslip/B, in den Karnischen Alpen/K/Ost-T sowie im Wienerwald/W/NÖ wurde jeweils ein Schlangenadler (Circaetus gallicus) gesichtet. Er brütet nur unweit der österreichischen Grenze in Italien und gilt als vielversprechender Kandidat für eine der nächsten neu auftretenden Brutvogelarten in unserem Land.
Auf der Parndorfer Platte/B, im Waldviertel/NÖ und im Weinviertel/NÖ konnte jeweils ein Schreiadler (Clanga pomarina) beobachtet werden.
Im Seewinkel/B wurde ein Rötelfalke (Falco naumanni) im 1. Sommerkleid entdeckt. Sein letztes Brutvorkommen in Österreich ist in Kärnten Anfang der 1980er Jahren erloschen, seither gilt er hierzulande als ausgestorben – er kommt aber in den letzten Jahren als Ausnahmeerscheinung wieder etwas öfter vor. Die Ursachen für das Aussterben liegen vorwiegend in der Intensivierung der Landwirtschaft und der veränderten Landnutzung, die zum Rückgang von großen Insekten – eine wichtige Nahrungsquelle für den Rötelfalken – führten. Aufgrund seiner Ähnlichkeit zum Turmfalken ist anzunehmen, dass manche durchziehende Rötelfalken nicht entdeckt werden – genau hinsehen könnte sich daher lohnen!
Besondere Sumpf- und Wasservögel
In Kärnten, dem Burgenland und in der Steiermark tauchten im Mai einige Rallenreiher (Ardeola ralloides) auf, im Seewinkel/B bis zu zehn Sichler (Plegadis falcinellus).
Im Burgenland sorgten auch mehrere singende Zwergsumpfhühner (Zapornia pusilla) für Aufsehen: Das Zwergsumpfhuhn erweckte in Österreich in der Vergangenheit mehrmals, in unregelmäßigen Abständen, Brutverdacht. Aufgrund der heimlichen Lebensweise gelingen am ehesten von rufenden Männchen Nachweise. Ob sich allerdings Paare zusammenfinden und auch brüten, ist in der Regel kaum festzustellen. Der bisher einzige Brutnachweis hierzulande glückte am 1955 mit dem Fang eines noch nicht ausgewachsenen Jungvogels am Neusiedler See/B.
Für besonderes viel Aufsehen sorgte die letzten Mai-Tage ein Eistaucher (Gavia immer) im Prachtkleid am Wörthersee/K. Das einzige Brutgebiet Europas liegt auf Island, eventuell brütet die Art aber auch in Norwegen.
Seltene Racken- und Singvögel
Während die Blauracke (Coracias garrulus) in der Oststeiermark noch als sehr seltener Brutvogel anzutreffen ist, gilt sie andernorts als große Seltenheit. Umso mehr freuten sich Ornitholog:innen über Nachweise im Seewinkel/B, am Krappfeld/K, in den Latschacher Feldern/K, am Faaker See/K und im Rheindelta/V. Das sporadische Auftreten einzelner Blauracken lässt jedoch nicht auf eine Ausbreitung schließen sondern rührt eher von am Frühjahrszug „überschießenden“ Individuen her.

Fast schon erwartungsgemäß konnten Rötelschwalben (Cecropis daurica) beobachtet werden: Sie wurde in Altenwörth/NÖ, Innsbruck/T und am Draustau Feistritz/K gesichtet.
Erhofft wurden auch Beobachtungen von Rosenstaren (Pastor roseus): Zumindest ein Individuum wurde im Rückhaltebecken Lieboch/STMK gesichtet, sowie ein weiteres auf der Graurinderkoppel im Seewinkel/B.
Weitere seltene Singvögel, die im Mai gesichtet wurden, erwähnen wir hier nur kursorisch:
Kurzzehenlerche (Rheindelta/V)
Zitronenstelze (Furtnerteich/Stmk, Untere Enns/O/N, Feuchte Ebene/N)
Trauerbachstelze (Seewinkel/B)
Sprosser (Kirchberger Teiche/Stmk)
Orpheusspötter (Rheindelta/V)
Ortolan (Stmk, B)
Schwarzstirnwürger (Krappfeld/K, Dobratsch/K, Tachenberger Moor/Stmk)
Auch im Juni lassen sich in Österreich wieder spannende Seltenheiten entdecken – wir empfehlen, hinauszugehen und den Frühsommer in vollen Zügen zu genießen!
Disclaimer
Vogelbeobachtung soll Freude bereiten – aber stets im Einklang mit dem Wohl der Vögel! Ein verantwortungsvolles Verhalten ist dabei unerlässlich. Absichtliche Störungen, das Beineinträchtigen von Lebensräumen sowie das bewusste Aufscheuchen oder Anlocken von Vögeln durch Klangattrappen lehnen wir entschieden ab. Eine „bessere“ Beobachtung oder ein vermeintlich „perfektes“ Foto rechtfertig so ein Verhalten unter keinen Umständen! Bitte bleiben Sie auf ausgeschriebenen und regelmäßig genutzten Wegen und vermeiden Sie das Betreten von Privatgrundstücken oder geschützten Flächen ohne Erlaubnis. Unbedachtes Verhalten kann nicht nur die beobachteten Vögel belasten, sondern auch andere Arten in der Umgebung unnötig stressen. Darüber hinaus sollten Sie als Naturliebhaber:in mit gutem Beispiel vorangehen. Rücksichtnahme ist der Schlüssel zu einem harmonischen Naturerlebnis!
Wir legen Ihnen zudem nahe, Ihre Anreise so klimafreundlich wie möglich zu gestalten – idealerweise ohne CO₂-Emissionen. Nutzen Sie öffentliche Verkehrsmittel, gehen Sie zu Fuß oder fahren Sie mit dem Fahrrad. Wenn eine Fahrt mit dem Auto notwendig ist, bilden Sie doch Fahrgemeinschaften – gemeinsam Vögel zu beobachten macht nicht nur mehr Freude, sondern schont auch die Umwelt!
Wir bedanken uns an dieser Stelle bei Lorenz Koller, Wolfgang Schweighofer und Ralph Winkler für ihre Fotos!
Beobachtungen wildlebender Vogelarten können an BirdLife über die Meldeplattform www.ornitho.at gemeldet werden. Bei sehr seltenen Vogelarten (oder Unterarten) sollte zusätzlich auch eine Dokumentation bei der Avifaunistischen Kommission von BirdLife erfolgen. Die Überprüfung durch die Kommission ist die Grundlage für die weitere Verwendung dieser Beobachtungen (z. B. in Publikationen aller Art). Welche Arten gemeldet werden sollten, ist hier ersichtlich.