Vogelschutz

Gemeinsam für den Kiebitz

Dr. Susanne Schreiner30.06.2025
Kiebitz Küken und Ei
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BirdLife Österreich startet Partnerschaften zum Schutz unserer Feldvögel

Wien, 30.06.2025 – Die neue österreichweite Initiative „Gemeinsam für den Kiebitz“, unter der Federführung von der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich und dem Verein thema: natur, setzt sich ab sofort gezielt für den Schutz des Kiebitzes und weiterer gefährdeter Bodenbrüter in der heimischen Agrarlandschaft ein. In rund 14 Projektregionen österreichweit werden in enger Zusammenarbeit mit Landwirt:innen maßgeschneiderte Maßnahmen entwickelt, um das Überleben dieser charakteristischen Feldvogelarten zu sichern. Erste Beobachtungen zeigen: Bei den geschützten Gelegen kommt es zu einem sehr guten Schlupferfolg.

Dramatischer Rückgang: Der Kiebitz braucht Hilfe

Der Kiebitz ist eine allseits bekannte, sehr beliebte und auffällige Vogelart, die durch Ruf, Aussehen und Flugkünste viele Menschen beeindruckt. Seine Bestände sind in den letzten Jahrzehnten jedoch um mehr als 50 Prozent eingebrochen. Er gilt in Österreich laut Roter Liste als potenziell gefährdet und ist auf der BirdLife-Ampelliste in der Kategorie mit der höchsten Handlungspriorität geführt. Hauptursache ist der massive Verlust geeigneter Brut- und Nahrungsflächen durch die intensive Landwirtschaft.

Der Kiebitz bevorzugt offene Landschaften wie Wiesen, Weiden, Überschwemmungsflächen und Äcker als Lebensraum. Besonders während der empfindlichen Brutzeit von März bis in den Juni ist er jedoch zahlreichen Gefahren (wie auch die Prädation) ausgesetzt. Viele Gelege werden in dieser Zeit unbeabsichtigt durch landwirtschaftliche Bewirtschaftung zerstört. Auf Äckern ist es die Bodenbearbeitung, das Einsäen und zum Teil auch die Düngung der Flächen, die die Nester zerstören, noch bevor die Küken schlüpfen können, im Grünland ist es vor allem die frühe Mahd.

Kiebitz - Aushängeschild der Agrarlandschaft und Botschafter für mehr Biodiversität

„Der Kiebitz ist eine Symbolart für viele weitere Tiere in der Agrarlandschaft - Grauammer, Feldlerche, Rebhuhn, Wachtel und Schafstelze - und eignet sich aufgrund seiner Beliebtheit besonders gut, um die breite Bevölkerung für die Bedeutung einer biodiversitätsfreundlichen Landwirtschaft zu sensibilisieren“, so Daniel Leopoldsberger, Projektverantwortliche/r bei BirdLife Österreich.

Durch gezielten Lebensraumschutz profitieren aber nicht nur Kiebitze, sondern viele weitere Arten der Agrarlandschaft. Als sogenannte „Schirmart“ kann der Kiebitz wesentlich dazu beitragen, den dramatischen Verlust an Biodiversität zu bremsen.

Zudem hat sich eindeutig abgezeichnet, dass eine Stabilisierung der Kiebitz- und anderer Bodenbrüterbestände nur möglich ist, wenn Maßnahmen langfristig in der Region verankert werden. Der Kiebitz eignet sich durch seine Bekanntheit zudem hervorragend, um die Öffentlichkeit für die Bedeutung artenreicher Kulturlandschaften zu sensibilisieren.

Naturschutz und Landwirtschaft – ein starkes Team

Die von Bund, Ländern und der EU unterstützte Projektinitiative entstand auf Anregung von Bäuerinnen und Bauern aus Oberösterreich. Sie hatten bemerkt, dass Kiebitze in ihren Äckern brüteten. Obwohl sie bei den Frühjahrsarbeiten versuchten, die Nester zu finden, gelang ihnen das durch die perfekte Tarnung der Eier kaum. Aus diesen frustrierenden Erfahrungen wurde eine Vorgehensweise entwickelt, in deren Zentrum die Zusammenarbeit von Landwirt: innen mit Vogelkundler: innen steht. In gemeinsamen Gesprächen werden Wege gesucht, wie die Bewirtschaftung an die Bedürfnisse des Kiebitzes angepasst werden kann.

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass sogenannte „Kiebitzinseln“, das sind Brachflächen, in denen Kiebitze ungestört brüten können, besonders effektiv sind. Ebenfalls gute Erfolge werden damit erzielt, die Bodenbearbeitung so früh wie möglich bis etwa Mitte März durchzuführen und alle weiteren Bearbeitungsschritte erst wieder gegen Ende April. Das ermöglicht den Kiebitzen ihre Gelege ungefährdet von Maschinen auszubrüten. Wo beides nicht möglich ist, werden Nester markiert und können bei der Bewirtschaftung einfach umfahren werden. Zum Auffinden der Nester sollen erstmals technische Hilfsmittel wie Drohnen oder Infrarotkameras eingesetzt werden.

Durch die Projektaktivitäten in 14 Regionen in Nieder- und Oberösterreich, Salzburg, der Steiermark und dem Burgenland wird erhofft, dass der Bestand des Kiebitzes mittelfristig wieder steigt. „Viele Bäuerinnen und Bauern passen gerne ihre Bewirtschaftung an, um dem Kiebitz zu helfen. Durch die partnerschaftliche Zusammenarbeit kann es gelingen, die Lebensräume für diesen Vogel langfristig zu sichern im Einklang mit landwirtschaftlichen Bedürfnissen“, ist Barbara Rems-Hildebrandt von thema: natur überzeugt.

Kernelemente des Projekts

  • Förderung biodiversitätsreicher Lebensräume in der Agrarlandschaft durch Entwicklung und Pflege ökologisch hochwertiger Flächen in intensiv genutzten Regionen.

  • Erhalt artenreicher Kulturlandschaften durch Entwicklung praxistauglicher Bewirtschaftungsmethoden gemeinsam mit Landwirt:innen für erfolgreiche Brutbedingungen für Kiebitze und andere Bodenbrüter.

  • Verbesserung der Bestandstrends der gefährdeten Art durch Erhöhung des Bruterfolgs vom Kiebitz.

  • Stärkung des Verständnisses für Naturschutz in der Landwirtschaft durch Dialog und Wissensaustausch zwischen Naturschutzexpert: innen und Landwirtschaft zur Förderung tragfähiger Lösungen für Mensch und Natur durch partnerschaftliche Zusammenarbeit.

„Das Projekt „Gemeinsam für den Kiebitz“ wird im Rahmen des GSP 2023-27 vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft (BMLUK) und der EU gefördert“.

Rückfragehinweis

Dr. Susanne Schreiner, Pressesprecherin BirdLife Österreich 1150 Wien, Diefenbachgasse 35/1/6 Mobil: +43 (0) 699 181 555 65 susanne.schreiner@birdlife.at

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